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Die Organisation der arbeitsmedizinischen Vorsorge

29.11.2022 / Dr. med. Joachim Schur

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe ProPraxis Mitglieder,

in diesem Newsletter beleuchten wir die Anforderungen an die arbeitsmedizinische Vorsorge am Beispiel einer Tierarztpraxis.

In Kürze

  • Eine Vorsorgekartei muss geführt werden, sobald ein Mitarbeiter beschäftigt wird.
  • Arbeitsmedizinische Vorsorgen ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung.
  • Je nach Gefährdung wird Pflicht- und Angebotsvorsorge unterschieden und führt zu unterschiedlichen Arbeitgeberpflichten.

Gesetzliche Grundlage sind die Arbeitsmedizinische-Vorsorge-Verordnung (ArbMedVV), das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Konkretisiert werden die Aufgaben des Arbeitgebers in den arbeitsmedizinischen Regeln (AMR).

Links zu den Gesetzestexten finden sie unter: www.betriebsmedizin-ostholstein.de

Sobald ein Unternehmer einen Mitarbeiter, auch Geringverdiener beschäftigt, ist er verpflichtet, einen Betriebsarzt zu bestellen und arbeitsmedizinische Vorsorge zu organisieren.

Wie kann nun die arbeitsmedizinische Vorsorge so geregelt werden, dass Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Berufsgenossenschaft und Aufsichtsbehörde zufrieden und die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind?

Die ordnungsgemäße Organisation der Vorsorge besteht aus folgenden Bausteinen:

  • Führung einer Vorsorgekartei gemäß §3 Absatz 4 ArbMedVV
  • Regelmäßige, schriftliche, fristgerechte und persönliche Einladung zur Vorsorge gemäß Arbeitsmedizinischer Regeln (AMR) 2.1, 6.1, 6.3, 6.4
 

Diese Bausteine beleuchten wir nun genauer:

Zur Vorsorgekartei

Der Arbeitgeber ist verpflichtet eine Vorsorgekartei zu führen. In dieser Kartei wird dokumentiert, welche Vorsorge wann stattgefunden hat. Sie finden bei Pro Praxis zwei Musterblätter:

  • Eine Übersicht über alle Vorsorgen in Ihrem Betrieb und aller Mitarbeiter. Dies ist eine gute Grundlage für das Einladungsmanagement.
  • Die eigentliche Vorsorgekartei in der alle Vorsorgen dieser einen Person eingetragen werden. Dieses Blatt ist der Person beim Ausscheiden aus dem Betrieb auszuhändigen. Auch die Aufsichtsbehörde kann Einblick verlangen.

Zur Einladung

Jeder MA ist schriftlich (E-Mail erlaubt), regelmäßig und persönlich fristgerecht zur Vorsorge einzuladen. Sie können zum Beispiel die Formblätter Musteranschreiben Angebotsvorsorge und Musteranschreiben Pflichtvorsorge von ProPraxis nutzen.

Sie können auch eigene Schreiben entwerfen, in diesem Falle sollten Sie die Anforderungen der AMR 5.1 beachten:

BAuA - Technischer Arbeitsschutz (inkl. Technische Regeln) - AMR Nr. 5.1 Anforderungen an das Angebot von arbeitsmedizinischer Vorsorge - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Das praktische Vorgehen

Mit folgenden Schritten können Sie eine Vorsorgekartei in Ihrem Unternehmen implementieren.

1. Ermittlung der notwendigen Vorsorgen

Aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich die notwendigen Vorsorgen.

Nehmen wir als Beispiel eine Tierarztpraxis. Die MA arbeiten ungezielt mit biologischen Arbeitsstoffen, tragen Handschuhe bis zu 2 Stunden pro Tag und arbeiten am PC. Es ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Angebotsvorsorge Feuchtarbeit, Infektionsgefährdung und Bildschirmtätigkeit.

2. Anlegen der Vorsorgekartei

Diese Vorsorgen tragen Sie für jeden MA in ein Formblatt Vorsorgekartei und in die gemeinsame Übersicht ein. Sowohl die Art der Vorsorge (in unserem Beispiel Angebotsvorsorge), als auch die Anlässe (in unserem Beispiel Feuchtarbeit, Infektionsgefährdung und Bildschirmtätigkeit) werden eingetragen.

Nutzen Sie ein Personalverwaltungsprogramm nutzen? Vermutlich ist auch eine digitale Vorsorgekartei enthalten, bitte wenden Sie sich in diesem Falle an den Hersteller, viele Programme enthalten sehr nutzerfreundliche Anwendungen für die Vorsorgekartei.

3. Einladung zur Vorsorge

Nutzen Sie zum Beispiel unsere Formblätter für die ordnungsgemäße Einladung.

Löschen Sie alle nicht benötigen Anlässe aus dem Formblatt (in unserem Beispiel bleiben dann Feuchtarbeit, Tätigkeit an Bildschirmgeräten und ungezielte Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 2 oder 3 ohne Pflichtvorsorge im Formular übrig). Tragen Sie die geforderten Angaben ein und versenden die Einladung.

Die Einladung kann per Mail oder Brief oder Aushändigung erfolgen, muss aber in jedem Fall persönlich, regelmäßig und fristgerecht erfolgen. Auch wenn der MA das Angebot noch nie wahrgenommen hat, muss die Einladung weiter regelmäßig erfolgen. (Fristen siehe unten).

In der Sprache der ArbMedVV heißt die Einladung zur Angebotsvorsorge Angebot, und die Einladung zur Pflichtvorsorge Veranlassung.

4. Fortschreiben der Vorsorgekartei

Der MA legt Ihnen eine Bescheinigung über die durchgeführte Vorsorge vor. Diese Bescheinigung gibt auch Auskunft über die Frist für die nächste Vorsorge.

Diese Frist tragen Sie in der Vorsorgekartei ein und hinterlegen in Ihrem Terminmanagement eine Erinnerung, um die nächste Einladung pünktlich auszulösen.

Wenn ein MA eine Angebotsvorsorge nicht wahrnimmt, so tragen Sie die nächste Frist gemäß folgendem Punkt ein.

Nimmt hingegen ein MA eine Pflichtvorsorge nicht wahr, so darf er nicht mehr an seinem Arbeitsplatz eingesetzt werden, bis die Bescheinigung vorliegt. Sie können ihn aber an einem Arbeitsplatz einsetzten, der keine Pflichtvorsorge erfordert.

Es empfiehlt sich, alle für den Arbeitgeber bestimmten Bescheinigungen über wahrgenommene Vorsorgen in der Vorsorgekartei abzuheften.

Sie haben also am Ende eine Übersichtsdatei, in der die Vorsorgen aller Mitarbeiter eingetragen sind und zu jedem Mitarbeiter eine separate Vorsorgekartei.

Nachfolgend noch weitere wichtige Informationen zum Thema

1. Welche Fristen gibt es

Die erste Vorsorge (Berufseinsteiger, Azubis) ist null bis drei Monate vor Tätigkeitsbeginn auszulösen. Bringt der MA eine noch gültige Vorsorgebescheinigung von einem vorherigen AG mit, so hat diese weiter Gültigkeit und kann in Ihre Vorsorgekartei übertragen werden.

Die zweite Vorsorge ist für Feuchtarbeit, Handschuharbeit, toxische und sensibilisierende Gefahrstoffe bereits nach sechs Monaten auszulösen.

Für alle anderen hier in Betracht kommenden Gefährdungen nach zwölf Monaten.

Ab der dritten Vorsorge sind dann alle weiteren Vorsorgen im 36 Monats Rhythmus auszulösen, es sei denn der Betriebsarzt hat auf der Bescheinigung eine verkürzte Frist angegeben.

Eine letzte Vorsorge ist dem MA bei seinem Ausscheiden aus dem Betrieb anzubieten. Dies ist stets eine Angebotsvorsorge.

Früher gab es auch Vorsorgen, die im 5-Jahresrhythmus ausgelöst werden mussten, dies gilt heute nicht mehr.

2. Besonderheiten der Pflichtvorsorge

Sollte sich aus der Gefährdungsbeurteilung eine notwendige Pflichtvorsorge ergeben, so ist der Nachweis der stattgefundenen Vorsorge Voraussetzung zur weiteren Beschäftigung im Gefährdungsbereich. Bitte halten Sie also in diesem Fall nach, dass der MA die Vorsorge wahrnimmt und Ihnen die Bescheinigung vorlegt.

3. Die Wunschvorsorge

Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass dem MA auf Wunsch ebenfalls eine arbeitsmedizinische Vorsorge zu ermöglichen ist.

4. Durchführung der Vorsorge

Um eine Vorsorge durchzuführen, sprechen Sie uns gerne an, wir helfen bei der Organisation.

5. Die Vorsorgebescheinigung

Der Betriebsarzt erstellt nach Durchführung der Vorsorge eine Bescheinigung für den Mitarbeiter und eine für den Arbeitgeber. Beide werden dem Mitarbeiter ausgehändigt und der Mitarbeiter leitet sie dann an den Arbeitgeber weiter.

Dem Arbeitgeber gegenüber hat der Betriebsarzt selbstverständlich Schweigepflicht. Der Arbeitgeber erfährt keine medizinischen Belange des Arbeitnehmers.

Wenn Sie diese Schritte beachten, sollte alles ordnungsgemäß geregelt sein. Sollten sich Fragen ergeben, stehen wir gerne zur Verfügung!

 

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