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Richtige Vorgehensweise beim Arbeitsunfall in der Tierarztpraxis

06.03.2020 / Dr. Hans-Friedrich Willimzik

 

Ein Arbeitsunfall ist passiert. Er passiert immer unerwartet. Ist das Team der Praxis / Klinik darauf vorbereitet?

Die Arbeitnehmerin wird von der Katze gebissen, erleidet einen Hundebiss, hat einen Wegeunfall auf dem Weg von oder zur Arbeit oder zwischen zwei Bauernhöfen in der Nutztierpraxis.

Hier ist richtiges Handeln gefragt, damit falsches Verhalten oder Versäumnisse sich später nicht gravierend auswirken. Aus diesem Grunde empfehle ich Ihnen im Rahmen der Mitarbeiterunterweisung dieses zu thematisieren und durch klare Verhaltensregeln und Arbeitsanweisungen bei allen Beteiligten für Aufmerksamkeit und Sicherheit zu sorgen.

  • Ist der Arbeitsunfall passiert, gilt es für alle, Ruhe zu bewahren.
  • Der Ersthelfer im Betrieb sollte informiert werden und sollte den weiteren Ablauf organisieren und koordinieren.
  • Aber jeder Mitarbeiter muss wissen, wie er sich im Falle eines Arbeitsunfalles richtig verhält. Hierbei ist von besonderer Wichtigkeit, dass jeder weiß, wo der nächste D-Arzt (Durchgangsarzt in Praxis oder Krankenhaus) zu erreichen ist. Der entsprechende Notfallplan wird gemeinsam erarbeitet. Jeder Mitarbeiter weiß, wo er ihn einzusehen hat.
  • Eine wichtige Frage ist, ob die Arbeit sofort nach Unfall eingestellt wurde oder die Notwendigkeit einer ärztlichen Versorgung erst zu einem späteren Zeitpunkt erkannt wird.
  • Ist ein Unfall passiert, sollte sobald als möglich das Unfallprotokoll erstellt werden. Die bekannten Unfallbücher halte ich aus Gründen des Datenschutzes für obsolet. Eine Vorlage für einen Unfallmeldebogen kann bei der Geschäftsstelle von ProPraxis angefordert werden. Spätestens wenn der Arbeitnehmer die Arbeit wieder aufnimmt sollte dieses Unfallprotokoll vervollständigt werden.
  • Dies hat bei jedem Unfall mit Arbeitszeitunterbrechung von länger als einem Tag zu erfolgen. Aber auch bei „Bagatellunfällen" sollte der Unfallhergang dokumentiert werden. Spätestens so lassen sich in einer Praxis Unfallschwerpunkte erkennen und zukünftige Gefahrensituationen vermeiden oder auch über die Gefährdungsbeurteilung abstellen.
  • Glauben die Beteiligten, dass ein Bagatellunfall passiert ist, ist dennoch der Ersthelfer oder ein Vorgesetzter zu informieren. Wenn die Verantwortlichen gemeinsam der Meinung sind, eine sofortige ärztliche Maßnahme ist notwendig, sollte spätestens am nächsten Tag eine Kontrolle durch den Vorgesetzten oder durch den Ersthelfer im Betrieb erfolgen um sicherzustellen, dass keine weitere Behandlungsnotwendigkeit besteht.
  • Ist eine Krankmeldung von länger als drei Tagen erfolgt, sollte der Arbeitgeber immer eine Meldung an die Berufsgenossenschaft machen. Hierfür stellt die BGW Vorlagen zur Verfügung. Sinnvoll ist dann die Beilage des Unfallprotokolls, selbst wenn dieses noch nicht vollständig ausgefüllt werden konnte.
  • Gerade bei Katzenbissen wird bei der ärztlichen Versorgung häufig auf die Verwendung von Antibiotika verzichtet. Als guter Arbeitgeber sollte man den Verletzten besonders auf diesen Umstand hinweisen, ggf. auch mit dem behandelnden D-Arzt, vorher und aus prinzipiellen Überlegungen, Rücksprache halten, um eine möglichst sofortige, ausreichende Abdeckung mittels Antibiotikum zu erreichen. So kann man dem Betroffenen viele Leiden und seinem eigenen Betrieb höhere Krankenzeiten ersparen.
  • Auch bei Wegeunfällen ist es von besonderer Wichtigkeit, dem erstbehandelnden Arzt mitzuteilen, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Die Praxis hat gezeigt, dass die Behandlung eine andere ist, da auch die Abrechnung über die BGW eine andere ist.

Wie bereits oben ausgeführt empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, seine Arbeitsunfälle sowohl personenbezogen als auch arbeitsplatzbezogenen zu analysieren. Hierüber können die verschiedensten Rückschlüsse zur Verbesserung der Arbeitssituation, des Betriebsklimas sowie des Einsatzes der einzelnen Mitarbeiter gezogen werden.

Hat ein Mitarbeiter im Vergleich zu den Kolleginnen eine Häufung von Arbeitsfeldern, sollte dieses beim Arbeitgeber dazu führen, zum einen zu überprüfen, ob der Mitarbeiter an diesem Arbeitsplatz ordentlich unterwiesen wurde, zum anderen aber auch zu überprüfen, der Mitarbeiter an diesem Arbeitsplatz überhaupt richtig eingesetzt ist. Eine praxisorientierte Unterweisung aber auch eine mögliche Arbeitsplatzumgestaltung, letztendlich aber auch ein Arbeitsplatzwechsel können hier jeweils Abhilfe schaffen.

Zeigt ein Arbeitsplatz generell eine Häufung von Arbeitsunfällen, so ist dringend die Gefährdungsbeurteilung dieses Arbeitsplatzes zu überprüfen, es ist eine eingehende Anamnese des Arbeitsablaufes vorzunehmen, die einzelnen Gefährdungen sind zu erfassen und durch ungefährliche Arbeitsabläufe zu ersetzen. Dieses ist zu protokollieren und die Mitarbeiter diesbezüglich zu unterweisen.

 

Erste Hilfsmaßnahmen vor Ort

Grundsätzlich: Ruhe bewahren, sich an der Unfallstelle, auf die eigene Sicherheit achten!

Bei Abgabe eines Notrufes

  • Wo ist der Unfall passiert.
  • Was ist geschehen. Welche Ursachen.
  • Wie viele Verletzte.
  • Welche Verletzungsarten.

Bewusstseinsprüfung / Prüfung des Pulses / Prüfung der Atmung

Unfallmeldebogen ausfüllen, gegebenenfalls in Kopie mitgeben (Vorlage von Pro Praxis e.V.)

Dr. Hans Friedrich Willimzik
Arzt für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin, Sportmedizin, praktischer Tierarzt

(E-Mail: willimzik@propraxis.de / Telefon: (01 71)4 73 79 23)

 

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