Schwangerschaft in der tierärztlichen Praxis / Klinik
01.02.2012 / Dr. Hans Friedrich Willimzik
Das mit Abstand häufigste Problem in der Tierarztpraxis, das wöchentlich an mich herangetragen wird, ist die Frage:
Meine tiermedizinische Fachangestellte / angestellte Tierärztin hat mir gerade mitgeteilt, dass sie schwanger ist! Wie ist weiter zu verfahren?
Häufig steht bei dieser Frage im Vordergrund, dass der Arbeitgeber eine gute Mitarbeiterin nicht verlieren möchte, die Mitarbeiterin sich zudem durchaus in der Lage sieht und entsprechend hoch motiviert ist, den Arbeitsplatz weiterhin inne zu haben. In den meisten Praxen ist eine gute Mitarbeiterin auch nicht von heute auf morgen zu ersetzen.
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt berufstätige Frauen vor den Gefahren, die durch die Berufstätigkeit während der Schwangerschaft eintreten können. Dabei wird zwischen den individuellen und den generellen Beschäftigungsverboten unterschieden.
Individuelle Beschäftigungsverbote werden von Ärzten (meist Gynäkologen) für einen bestimmten Gesundheitszustands einer Schwangeren persönlich und vorsorglich ausgesprochen.
Generelle Beschäftigungsverbote bestehen ohne ärztliches Attest während der Schwangerschaft bei:
- Umgang oder Kontakt mit lebenden oder toten Tieren
- Kontakt mit infektiösem Material wie Kot, Urin, Blut und ähnlichen Exkrementen
- Beschäftigung im Kontrollbereich einer Röntgenanlage
- Kontakt mit anderen Strahlenquellen
- Kontakt mit Narkosegasen
- Kontakt mit Chemotherapeutika
- Kontakt mit kanzerogenen, teratogenen und erbschädigenden Substanzen
- Arbeiten in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen
Während der Schwangerschaft sind folgende Tätigkeiten möglich:
- Telefondienst
- Bürotätigkeiten aller Art
- Arbeiten in der Rezeption
- Arbeiten in der Buchhaltung
- Arbeiten in der Archivierung oder im Lager, allerdings ohne schweres Heben
- Fahrtätigkeiten im Hohl- und Bringdienst
- Berater- oder Ausbildungstätigkeiten für Tierbesitzer oder tiermedizinische Fachangestellte
Durch den Arbeitgeber ist streng auf die Einhaltung dieser o.a. Vorgaben zu achten. Ausnahmen hiervon sollten in keinem Falle gemacht werden! Kommt es in der Schwangerschaft zu irgendeiner Komplikation, ist der Arbeitgeber nachweispflichtig (!), dass kein Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit besteht. Dies dürfte nahezu unmöglich sein.
Damit ist für den normalen Praxisbetrieb klar: Eine schwangere Mitarbeiterin ist mit sofortiger Wirkung freizustellen. Diese Freistellung sollte man in schriftlicher Form (zwei Sätze) dem Steuerberater, dem Gewerbeaufsichtsamt und der Krankenkasse der Mitarbeiterin mitteilen. Bedauerlich ist durchaus, dass für die Personalplanung die Mitarbeiterin mit sofortiger Wirkung ausfällt. Dafür ist es ein gewisser Trost, dass keine wesentlichen finanziellen Belastungen auf die Praxis zukommen. Im Falle eines Beschäftigungsverbotes hat die werdende Mutter Anspruch auf Mutterschutzlohn. Dieser wird durch die zuständige Krankenkasse gezahlt, wodurch es zu keiner finanziellen Belastung der Praxis kommt. Die Praxis zahlt zwar der Mitarbeiterin das Gehalt weiter, dies wird allerdings weitgehend dem Arbeitgeber von der Krankenkasse erstattet, so dass kein finanzieller Verlust entsteht.
Auch wenn in einer großen Klinik oder Praxis die Mitarbeiterin nach den o.a. Punkten eingesetzt werden kann, gilt unverändert das Verbot der Beschäftigung während der Schutzfristen innerhalb der letzten sechs Wochen vor der Entbindung sowie in den ersten acht Wochen danach. Die Schutzfrist prae partum wird vom behandelnden Facharzt der Schwangeren bescheinigt und ist von dieser umgehend an den Arbeitgeber weiterzureichen.
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