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Lohnenswertes Investment in Corona-Zeiten

21.02.2022 / Dipl.-Psych. Dorothee Mannschreck

 

Es ist schon nahezu eine unausgesprochene Tatsache, dass die psychischen Belastungen in der Gesundheitssparte in den letzten zwei Jahren deutlich gestiegen sind. Dass diese Belastungen häufig keine Berücksichtigung im Berufsalltag finden, ist nicht sehr verwunderlich, entstehen doch derzeit zusätzliche Personalengpässe, Mehraufwand und Anspannungssituationen bei allen Beteiligten. Hierzu seien vor allem die entstandenen Mehrfachbelastungen in Familien durch veränderte Maßnahmen in Kinderbetreuung, Schule und Ausbildung erwähnt.

Wie nun können wir diese Belastungsspirale unterbrechen und wo genau ist es sinnvoll anzusetzen, um eine wirkliche Entlastung – schnell und unkompliziert – für alle zu erzielen? Dieser Frage will ich heute nachgehen und Ihnen dazu eine Auswahl an Entlastungs-Tipps anbieten.

Neben einer ausgewogenen individuellen Work-Life-Balance sind mittlerweile sozialer Rückhalt, das Gefühl der "Sinnhaftigkeit", die eigene "Bedeutsamkeit im eigenen Tun" und ein gewisser "Entscheidungsspielraum" wissenschaftlich nachgewiesene Faktoren für die Förderung der Resilienz und Gesundheit im Betriebsalltag. Wenn wir nun diese Faktoren genauer beleuchten, können wir beobachten, dass die Corona-Problematik jeden einzelnen dieser Faktoren einschränkt und so die gesundheitsfördernde Wirkung momentan dadurch abmindert. Die Einschränkungen bewirken bei vielen eine zusätzliche Belastung, die sich im Berufsalltag z.B. durch vermehrte gesundheitliche Symptome, Schlafstörungen, vermehrte Ängste, erhöhte Gereiztheit und Verringerung der Belastbarkeit o.ä. zeigt.

Nun kommt dazu, dass wir aus der Stress- und Hirnforschung wissen, dass unser Unterbewusstsein einen Art "Dauersensor" betreibt, der ständig alle Variablen der Sinneswahrnehmung (wie z.B. die Mimik und Gestik des Gegenübers, Geräusche, Veränderungen etc.) auf eventuelle Gefahren scannt und kontinuierlich auswertet. Dies geschieht unwillkürlich und unbewusst. Dieser zusätzliche Dauerstress wird z.B. durch die Maskenpflicht, durch verstärkte Diskussionen was "richtig" oder und was "falsch" ist oder durch sich laufend ändernde Bestimmungen tagtäglich unterbewusst für jeden Einzelnen erhöht. Dies bedeutet, dass der "Hirn-Scanner" den gesamten Tag im Unterbewusstsein auf Hochtouren arbeitet und jeden in einen zusätzlichen Dauerstress versetzt. Tiefe und Ausmaß des Dauerstresses hängen vom Individuum ab und welche Vorerfahrungen das Individuum in seinem Leben bisher gemacht hat. Fakt ist jedoch, dass dieser Dauerstress in jedem von uns mehr oder weniger entsteht und ein gewisses Maß an zusätzlicher Energie benötigt.

Zusätzlich kommt während der Pandemie folgendes Moment noch als weitere Belastung hinzu: Normalerweise schaltet der Sensor in einem gewohnten, geschützten Bereich, also zuhause / oder in der Freizeit ab und Erholung kann durch eine positive Feedbackschleife normalerweise stattfinden. Durch die zusätzlichen Beschränkungen im Privaten, durch die zusätzlichen Diskussionen in Freundeskreisen, Familien und Medien und dem teilweise fehlenden Gefühl: "Ich bin in Sicherheit" oder "Ich gehöre dazu" kann derzeit ein Abschalten und die unbedingt erforderlichen positiven Rückkoppelungen zur Erholung für viele Menschen nicht oder nur unzureichend erreicht werden.

Aus diesen Gründen betrachte ich es als äußerst sinnvoll, in dieser Zeit einen verstärkten Fokus auf die Regenerierung und die positiven Rückkoppelungen als wichtigsten Faktor der Entlastung und der Gesundheitsvorsorge zu legen. Dies gilt meines Dafürhaltens auch dann, wenn sich die Betroffenen zunächst einmal gar nicht so belastet fühlen.

Mit der nachfolgenden Auswahl an Ideen aus meiner Beratungspraxis möchte ich Ihnen einige leicht umsetzbare Möglichkeiten an die Hand geben, wie Sie einfach und spürbar für ein gesundheitsförderndes Miteinander sorgen können:

Beginnen und beenden Sie Ihren Tag ganz bewusst mit positiven und stärkenden Gedanken und Beschäftigungen.

Ein bewusster Umgang und das Reduzieren der Zeit vor dem Fernseher und mit den Sozialen Medien kann hier – von jetzt auf gleich – Wunder wirken.

Ersetzen Sie fehlende Mimik und Gestik der Begrüßung, der Beruhigung und der positiven Rückkoppelungen ganz bewusst durch zusätzliche Worte, Behelfsmimik und andere Gesten (z.B. wohlwollendes Kopfnicken, kurzes Stehen-Bleiben und sich Anschauen, Winken, langsamere oder deutlichere Gesten / Worte oder zusätzliche Absprachen ... u.v.m.)

Fokussieren Sie täglich positive und integrierende Annahmen über sich, Ihr Team und Ihre Kunden / Patienten.

  • Wir arbeiten weiterhin Hand in Hand.
  • Wir unterstützen uns gegenseitig, in dem wir jede Meinung unkommentiert stehen lassen.
  • Ich nehme mir die Zeit, "hinter die Maske" auf die Mimik des Gegenübers zu schauen und höre auf dessen Anliegen. Dadurch spare ich Zeit, die ich nicht für die Aufklärung von Missverständnissen oder Widerständen verbrauchen muss.

Investieren Sie als Führungskraft bewusst in zusätzliche wertschätzende Kommunikation und in gezielte Unterstützungs-Maßnahmen Ihrer Mitarbeiter.

Fokussieren Sie sich immer wieder auf eine innere Haltung der Gelassenheit, des Vertrauens und des Wohlwollens

  • sich selbst gegenüber.
  • gegenüber Patienten, Klienten, Kunden, Tierbesitzern und Tieren.
  • gegenüber Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten
  • gegenüber Menschen, über die Sie sich schnell aufregen ...

Werden Sie für sich aktiv, sobald Sie sich ausgelaugt oder leer fühlen. In diesen Zeiten ist es legitim und durchaus eine weise Entscheidung, mit einem Kollegen und / oder einer Führungskraft darüber zu sprechen bzw. sich eine private oder auch professionelle Unterstützung zu holen.

Ich würde mich freuen, wenn ich Ihr Interesse geweckt habe, sich in diesen Zeiten bewusst aktiv um Ihre persönliche Entlastung zu kümmern, gemäß dem Motto: Jede bewusst aufgebrachte "Zeit der Selbstfürsorge" wird ein gutes Investment in Ihr persönliches Wohlergehen und damit auch das Ihres Teams sein.

Mit den besten Wünschen und herzlichen Grüßen
Dorothee Mannschreck

Pro Praxis e.V., Sparte Psychische Belastungen, Diplom-Psychologin 

 

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